Montag, 2. Juli 2012

The Canada Day


Die ersten zwei Tage sind vergangen. Es geht mir gut, ja, es geht mir wirklich gut. Saskatoon, die Stadt, in der ich mich befinde, wird das „Paris der Prärie“ genannt. Wer dächte da nicht direkt an die Worte Goethes über Leipzig: „Mein Leipzig lob ich mir, es ist ein Klein-Paris!“. Saskatoon ist die größte Stadt der Provinz Saskatchewan, dem „Land of Living Skies“, dem Land der lebendigen Himmel, und das ist wirklich so. Hier in Sasketchewan sagt man: „If you don't like the weather, wait five minutes ...“, also, wenn einem das Wetter nicht zusagt, braucht man bloß ein paar Minuten zu warten, bis es wechselst. Ich habe hier bereits unheimlich viele unterschiedliche Himmel gesehen, die in allen Farben leuchteten und die in der Art, wie sie sich über die Weite des sehr flachen Landes spannen, den Eindruck eines unendlichen Horizonts erzeugen. Unter diesem Eindruck gewinnen die Worte Winnetous kurz vor seinem Tod eine ganz andere Bedeutung:
 

 "Dort flammten soeben noch das Feuer und die Glut des Lebens! Nun ist's vorbei und Finsternis steigt auf. Geh hin! Kannst du die Schatten verjagen, die dort niedersinken?" (vgl. Karl May's Gesammelte Werke Bd. 9 Winnetou III, Karl-May-Verlag Bamberg-Radebeul 2001, S. 413)


Am ersten Tag fuhren Totti und ich ein wenig mit Kathleens Dodge durch die Straßen von Saskatoon. Die Häuser sehen meistens von außen ziemlich verwahrlost aus, was aber daran liegt, dass die Stadt von Hausbesitzern mit einem gepflegten Anwesen und einer sauberen Fassade eine höhere property tax (Grundstückssteuer) verlangt. Etwas merkwürdig, wie ich finde, denn es wäre doch produktiver, gerade die Menschen mit geringeren Steuern zu belohnen, die regelmäßig ihr Grundstück pflegen und sauberhalten.





Auch gibt es hier unheimlich viele Gottes- und Gebetshäuser der unterschiedlichsten christlichen Konfessionen, vor allem aus der Fülle evangelischer Freikirchen. Die Stadt ist im Großen und Ganzen in Blöcke eingeteilt. Die Straßen sind unterschieden in Avenues und Streets. Die Avenues führen immer von Norden nach Süden und die Streets von Osten nach Westen. So entsteht ein sehr symetrisches System von Straßen und Häuserblocks. Die Hauptverkehrsadern sind jedoch die Drives, vor allem der Circle Drive, der ursprünglich als Kreis rund um die Stadt herum gedacht war, mittlerweile aber der ständigen Expansion der Stadt fast zum Opfer gefallen ist.


Auf unserer ersten Rundreise besuchten wir den wohl dreckigsten Store der Stadt, wo es alles mögliche für sehr günstiges Geld gibt – ich habe mir dort einen Strohcowboyhut für sage und schreibe fünf kanadische Dollar geleistet. Mit diesem Hut auf dem Kopf besuchten Totti und ich dann auch einen Harley-Davidsson-Laden, wo Totti sich eine bestimmte Maschine anschauen wollte. Ich wurde mit „Howdy“ fröhlich begrüßt und bedient wurden wir von einer Frau, die sehr viel Ähnlichkeit mit Jennifer Aniston aufwies. Wahrlich, da wurden Erinnerungen an "Harley Davidsson and the Marlboro-Man" wieder lebendig, denn Totti und ich hätten glatt dafür gehalten werden können.
   




Gestern, am ersten Juli, war dann ein hoher Feiertag, der sogenannte Canada-Day (engl.: Canada Day; franz.: Fête du Canada), der hier mit einem pompösen Feuerwerk begangen wird. Er erinnert an die Bildung Kanadas als Bundesstaat des britischen Commonwealth durch den British North America Act am 1. Juli 1867. Da dieser Nationalfeiertag in diesem Jahr auf einen Sonntag fällt, bekommen die Menschen hier den Montag frei. Ich begleitete Kathleen und Totti zu einem Barbecue, das von Walter und Berit, einem deutschen Paar, was auch vor ein paar Jahren nach Kanada ausgewandert war, veranstaltet wurde. Das wurde genauso gehandhabt, wie früher bei uns die Bottle-Parties. Jeder Gast – und es waren eine Menge Deutsche dort – brachte etwas zu essen und zu trinken mit und man setzte sich gemütlich zusammen, um zu feiern. Der hier allerorts gegenwärtige Gasgrill wurde angeworfen und das BBQ fand in einer großen halbrunden Halle, einem Corn-Set, statt. Die Mosquitos schwirrten uns um die Köpfe, allerdings waren sie nur so groß wie unsere heimischen Mücken. Wir hatten zur Abwehr Mosquito-Spray auf Arme, Beine und Kleider gesprüht und uns mit Insect Repellent eingerieben, also einer Bodylotion, die auch diesen Abwehrstoff beinhaltet. Walter und Berit haben sich erst kürzlich ein acreage gekauft, also eine Farm etwa fünfzig Kilometer außerhalb von Saskatoon, die sie nun ausbauen und renovieren.
 

Ich befinde mich also mitten in der Prärie. Mal gespannt, was weiterhin auf mich wartet.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich beneide dich ja schon für so eine tolle Reise. Ich wünsch dir viel Spaß und weitere tolle Erlebnisse.

MfG "Der andere Dicke"

PS: Fotografier mir doch bitte mal einen canadischen Zug sollte er dir zufällig vor die Linse kommen.