Die ersten zwei Tage sind vergangen. Es geht mir gut, ja, es geht mir wirklich gut. Saskatoon, die Stadt, in der ich mich befinde, wird das „Paris der Prärie“ genannt. Wer dächte da nicht direkt an die Worte Goethes über Leipzig: „Mein Leipzig lob ich mir, es ist ein Klein-Paris!“. Saskatoon ist die größte Stadt der Provinz Saskatchewan, dem „Land of Living Skies“, dem Land der lebendigen Himmel, und das ist wirklich so. Hier in Sasketchewan sagt man: „If you don't like the weather, wait five minutes ...“, also, wenn einem das Wetter nicht zusagt, braucht man bloß ein paar Minuten zu warten, bis es wechselst. Ich habe hier bereits unheimlich viele unterschiedliche Himmel gesehen, die in allen Farben leuchteten und die in der Art, wie sie sich über die Weite des sehr flachen Landes spannen, den Eindruck eines unendlichen Horizonts erzeugen. Unter diesem Eindruck gewinnen die Worte Winnetous kurz vor seinem Tod eine ganz andere Bedeutung:
"Dort flammten soeben noch das Feuer und die Glut des Lebens! Nun ist's vorbei und Finsternis steigt auf. Geh hin! Kannst du die Schatten verjagen, die dort niedersinken?" (vgl. Karl May's Gesammelte Werke Bd. 9 Winnetou III, Karl-May-Verlag Bamberg-Radebeul 2001, S. 413)
Am ersten Tag fuhren Totti und ich ein
wenig mit Kathleens Dodge durch die Straßen von Saskatoon. Die
Häuser sehen meistens von außen ziemlich verwahrlost aus, was aber
daran liegt, dass die Stadt von Hausbesitzern mit einem gepflegten
Anwesen und einer sauberen Fassade eine höhere property tax
(Grundstückssteuer) verlangt. Etwas merkwürdig, wie ich finde,
denn es wäre doch produktiver, gerade die Menschen mit geringeren
Steuern zu belohnen, die regelmäßig ihr Grundstück pflegen und
sauberhalten.
Auch gibt es hier unheimlich viele Gottes- und Gebetshäuser der unterschiedlichsten christlichen Konfessionen, vor allem aus der Fülle evangelischer Freikirchen. Die Stadt ist im Großen und Ganzen in Blöcke eingeteilt. Die Straßen sind unterschieden in Avenues und Streets. Die Avenues führen immer von Norden nach Süden und die Streets von Osten nach Westen. So entsteht ein sehr symetrisches System von Straßen und Häuserblocks. Die Hauptverkehrsadern sind jedoch die Drives, vor allem der Circle Drive, der ursprünglich als Kreis rund um die Stadt herum gedacht war, mittlerweile aber der ständigen Expansion der Stadt fast zum Opfer gefallen ist.
Auf unserer ersten Rundreise besuchten
wir den wohl dreckigsten Store der Stadt, wo es alles mögliche für
sehr günstiges Geld gibt – ich habe mir dort einen Strohcowboyhut
für sage und schreibe fünf kanadische Dollar geleistet. Mit diesem
Hut auf dem Kopf besuchten Totti und ich dann auch einen
Harley-Davidsson-Laden, wo Totti sich eine bestimmte Maschine
anschauen wollte. Ich wurde mit „Howdy“ fröhlich begrüßt und
bedient wurden wir von einer Frau, die sehr viel Ähnlichkeit mit
Jennifer Aniston aufwies. Wahrlich, da wurden Erinnerungen an "Harley Davidsson and the Marlboro-Man" wieder lebendig, denn Totti und ich hätten glatt dafür gehalten werden können.
Gestern, am ersten Juli, war dann ein
hoher Feiertag, der sogenannte Canada-Day
(engl.: Canada Day; franz.:
Fête du Canada), der hier
mit einem pompösen Feuerwerk begangen wird. Er erinnert an die
Bildung Kanadas als Bundesstaat des britischen Commonwealth durch den
British North America Act am 1. Juli 1867. Da dieser Nationalfeiertag in diesem Jahr auf einen Sonntag fällt, bekommen die Menschen hier den Montag frei. Ich begleitete
Kathleen und Totti zu einem Barbecue, das von Walter und Berit, einem
deutschen Paar, was auch vor ein paar Jahren nach Kanada ausgewandert
war, veranstaltet wurde. Das wurde genauso gehandhabt, wie früher
bei uns die Bottle-Parties. Jeder Gast – und es waren eine Menge
Deutsche dort – brachte etwas zu essen und zu trinken mit und man
setzte sich gemütlich zusammen, um zu feiern. Der hier allerorts
gegenwärtige Gasgrill wurde angeworfen und das BBQ fand in einer
großen halbrunden Halle, einem Corn-Set, statt. Die Mosquitos
schwirrten uns um die Köpfe, allerdings waren sie nur so groß wie
unsere heimischen Mücken. Wir hatten zur Abwehr Mosquito-Spray auf
Arme, Beine und Kleider gesprüht und uns mit Insect Repellent
eingerieben, also einer Bodylotion, die auch diesen Abwehrstoff
beinhaltet. Walter und Berit haben sich erst kürzlich ein acreage
gekauft, also eine Farm etwa fünfzig Kilometer außerhalb von
Saskatoon, die sie nun ausbauen und renovieren.
Ich befinde mich also mitten in der Prärie. Mal gespannt, was weiterhin auf mich wartet.
1 Kommentar:
Ich beneide dich ja schon für so eine tolle Reise. Ich wünsch dir viel Spaß und weitere tolle Erlebnisse.
MfG "Der andere Dicke"
PS: Fotografier mir doch bitte mal einen canadischen Zug sollte er dir zufällig vor die Linse kommen.
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